OLG Hamm: AGB-Klausel eines Onlinehändlers „Die Abtretung von Mängelansprüchen ist ausgeschlossen“ ist unzulässig

veröffentlicht am 6. November 2015

OLG Hamm, Urteil vom 25.09.2014, Az. 4 U 99/14
 § 8 Abs. 1 S. 1 UWG, § 4 Nr. 11 UWG; § 307 Abs. 1 S. 1 BGB

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Oberlandesgericht Hamm

Urteil

 Auf die Berufung des Verfügungsklägers wird das am 26.06.2014 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn abgeändert.

Die Verfügungsbeklagte wird im Wege der einstweiligen Verfügung verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs bei Fernabsatzverträgen Kaffeemaschinen oder Kaffeeautomaten, Kühlschränke und Waschmaschinen anzubieten bzw. zu bewerben und dabei gegenüber Verbrauchern in Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Formulierung zu verwenden: „Die Abtretung von Mängelansprüchen ist ausgeschlossen“, wenn dies geschieht wie in Anlage ASt 3 zur Antragsschrift (Blatt 12 bis 14 der Gerichtsakte).

Der Verfügungsbeklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung die Verhängung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht, wobei die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen darf und an den Geschäftsführern der Verfügungsbeklagten zu vollziehen ist.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt die Verfügungsbeklagte.
 
Gründe

A.
Der Verfügungskläger bietet – in zwischen den Parteien streitigem Umfang – Waren verschiedener Art über das Internet zum Kauf an.

Die Verfügungsbeklagte vertreibt über ihren Internetauftritt unter der Internetadresse „www.t.de“ gewerblich Elektro- und Elektronikgeräte, u.a. Kaffeemaschinen, Kaffeeautomaten, Kühlschränke und Waschmaschinen. Sie verwendet hierbei Allgemeine Geschäftsbedingungen (Ausdruck [auszugsweise] Anlage ASt 3 = Blatt 12-14 der Gerichtsakte). § 14 dieser AGB trägt die Überschrift „Mängelansprüche“ und enthält Regelungen zur Gewährleistungsverpflichtung der Verfügungsbeklagten; § 14 Abs. 3 der AGB lautet: „Die Abtretung von Mängelansprüchen ist ausgeschlossen.“

Mit Schriftsatz seines jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 15.05.2014 (Blatt 15-17 der Gerichtsakte) mahnte der Verfügungskläger die Verfügungsbeklagte ab. Das in § 14 Abs. 3 der AGB der Verfügungsbeklagten enthaltene Abtretungsverbot verstoße gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, der wiederum in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht als Marktverhaltensregelung anzusehen sei. Die Verfügungsbeklagte nahm hierzu mit Schriftsatz ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 22.05.2014 (Blatt 18-21 der Gerichtsakte) Stellung.

Der Verfügungskläger hat am 04.06.2014 beim Landgericht Paderborn den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt. Er hat ausgeführt, er vertreibe unter der Internetadresse „#####-shop.de“ und über die Internetplattform „Z“ gewerblich Waren verschiedener Art, u.a. auch Kaffeemaschinen, Kaffeeautomaten, Kühlschränke und Waschmaschinen. Bei dem Adressbestandteil „I“ in der Internetadresse „#####shop.de“ handele es sich um eine Abkürzung seines Namens (P). Er hat Internetausdrucke von Angeboten auf der Internetplattform „Z“ (Blatt 6-9 der Gerichtsakte) vorgelegt. Es handelt sich hierbei um das Angebot eines Kaffeevollautomaten zum Preis von 999,00 € (Blatt 7 der Gerichtsakte), einer Gefrierkombination (Kühlschrank + Gefrierschrank) zum Preis von 1.599,00 € (Blatt 8 der Gerichtsakte) sowie einer „Gewerbewaschmaschine“ zum Preis von 2.899,00 € (Blatt 9 der Gerichtsakte). Als Anbieter ist ausgewiesen: „I1, Name, Anschrift“ (vgl. Blatt 6 der Gerichtsakte).

Der Verfügungskläger hat behauptet, auf den von ihm abgemahnten Wettbewerbsverstoß sei er aufmerksam geworden, nachdem er seinerseits mehrfach und unter Zugrundelegung hoher Gegenstandswerte von einem Wettbewerbsverband, dem mehrere T-Märkte als Mitglieder angehörten, abgemahnt worden sei. Über die Internetauftritte dieser T-Märkte gelange man zum auch zum Internetauftritt der Verfügungsbeklagten. Er, der Verfügungskläger, habe sich dann gewundert, dort eine unzulässige AGB-Klausel vorzufinden. Das in § 14 Abs. 3 der AGB der Verfügungsbeklagten enthaltene Abtretungsverbot verstoße nämlich gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, der wiederum in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht als Marktverhaltensregelung anzusehen sei. Der Senat habe eine entsprechende AGB-Klausel bereits in seinem Urteil vom 21.09.2010 – 4 U 134/10 – (veröffentlicht bei juris und unter BeckRS 2014, 10581) als AGB-rechtlich unzulässig angesehen und in ihrer Verwendung zugleich einen Wettbewerbsverstoß gesehen.

Der Verfügungskläger hat beantragt,

der Verfügungsbeklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs bei Fernabsatzverträgen Kaffeemaschinen oder Kaffeeautomaten, Kühlschränke und Waschmaschinen anzubieten bzw. zu bewerben und dabei gegenüber Verbrauchern die Formulierung zu verwenden: „Die Abtretung von Mängelansprüchen ist ausgeschlossen.“

Die Verfügungsbeklagte hat beantragt,

 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Verfügungsbeklagte hat die Auffassung vertreten, der Verfügungskläger habe seine Antragsbefugnis bzw. seine Aktivlegitimation nicht ausreichend dargelegt und glaubhaft gemacht. Unter der Internetadresse „#####shop.de“ vertreibe der Verfügungskläger keine Produkte, die geeignet seien, ein Wettbewerbsverhältnis im Verhältnis zu ihr, der Verfügungsbeklagten, zu begründen. Die Verfügungsbeklagte hat Ausdrucke von unter der Internetadresse „#####-shop.de“ abrufbaren Internetseiten (Blatt 47-59 der Gerichtsakte) vorgelegt. Auch mit dem Hinweis auf die Internetplattform „Z“ könne der Verfügungskläger die Darlegungs- und Glaubhaftmachungsanforderungen nicht erfüllen. Die Darlegung der Unternehmereigenschaft beim Vertrieb über eine Internetplattform erfordere Ausführungen zum Bestehen einer planmäßigen und auf Dauer angelegten Verkaufstätigkeit. Angaben hierzu habe der Verfügungskläger nicht gemacht. Es fehlten insbesondere Angaben zu seinen Umsätzen.

Es fehle darüber hinaus auch an einem Verfügungsgrund. Sie, die Verfügungsbeklagte, betreibe ihren Online-Shop seit dem 05.10.2011 und verwende auch seit diesem Tage die beanstandete AGB-Klausel. Der Verfügungskläger lasse seit 2009 immer wieder anwaltliche Abmahnungen zu AGB-rechtlichen Problematiken aussprechen. Es werde deutlich, dass der Verfügungskläger nach entsprechenden „Verstößen“ suche und diese dann „abarbeite“. Der Umstand, dass der Verfügungskläger keine Angaben zum konkreten Kenntnisnahmezeitpunkt mache, unterstreiche, dass er bereits länger als einen Monat vor der Anbringung des Verfügungsantrages Kenntnis von dem angeblichen „Verletzungstatbestand“ gehabt habe. Selbst wenn dies nicht der Fall sei, habe sich der Verfügungskläger seit dem 05.10.2011 einer Kenntnisnahme bewusst verschlossen.

Es fehle schließlich auch an einem Verfügungsanspruch. Die streitgegenständliche Klausel sei nicht zu beanstanden. Sie sei in ihre, der Verfügungsbeklagten, AGB aufgenommen worden, um zu verhindern, dass Wiederverkäufer Waren günstig bei ihr, der Verfügungsbeklagten, einkauften, zum Ausschluss einer eigenen Gewährleistungsverpflichtung die Mängelansprüche gegen sie, die Verfügungsbeklagte, an ihre Abnehmer abträten und auf diese Weise ein risikoloses Geschäft auf ihre, der Verfügungsbeklagten, Kosten machen könnten. Die Klausel bewirke auch keine Benachteiligung von Verbrauchern. Der private Weiterverkauf oder das Verschenken gekaufter Ware unter Freunden oder in der Familie sei weiterhin problemlos möglich. In derartigen Fällen hafte dann der Verkäufer oder Schenker für eventuelle Mängel. Es stelle kein Problem dar, wenn der Beschenkte sich bei Mängeln der Ware an den Schenker wende und dieser sich dann um die Gewährleistungsansprüche gegen sie, die Verfügungsbeklagte, kümmere. Bei einem Privatverkauf – z.B. über F – hafte der dortige Verkäufer für die Gewährleistung und nicht sie, die Verfügungsbeklagte. Es sei abwegig, dass sie sich hierum kümmern solle. Die Annahme, es komme bei Internetkäufen häufig vor, dass nicht der eigentliche Kaufinteressent, sondern ein mit dem Medium „Internet“ vertrauter Dritter – sei es aus der Familie, sei es aus dem Freundes- oder Bekanntenkreis – im eigenen Namen und auf Rechnung des eigentlichen Kaufinteressenten den Kaufvertrag abschließe und deshalb ein Bedürfnis für die Abtretbarkeit von Gewährleistungsansprüchen bestehe, sei durch nichts belegt und gehe an den maßgeblichen Lebenssachverhalten vorbei. Sie, die Verfügungsbeklagte, habe hingegen ein schutzwürdiges Interesse an der Klarheit und Übersichtlichkeit der Verhältnisse und dem Schutz vor aufgedrängten Gewährleistungsgläubigern.

Der Verfügungskläger hat hierauf erwidert und u.a. ausgeführt, es sei keineswegs der Fall, dass er den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung erst nach dem Verstreichen der Monatsfrist gestellt habe. Ihm sei insofern auch kein fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen, da ihn keine Marktbeobachtungspflicht treffe.

Mit dem angefochtenen, am 26.06.2014 verkündeten Urteil hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Verfügungskläger habe nicht ausreichend dargelegt und glaubhaft gemacht, dass er Mitbewerber der Verfügungsbeklagten sei.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Verfügungskläger mit seiner Berufung. Er ist der Auffassung, das Landgericht habe die Anforderungen an die Darlegung und Glaubhaftmachung der Mitbewerbereigenschaft überspannt. Er habe durch den Hinweis auf seine Internetaktivitäten in ausreichender Weise dargelegt und auch glaubhaft gemacht, dass er gewerblich tätig und Mitbewerber der Verfügungsbeklagten sei. Vorsorglich rügt er eine Verletzung der Hinweispflicht durch das Landgericht. Schließlich legt der Verfügungskläger noch eine von ihm unter dem 08.07.2014 abgegebene eidesstattliche Versicherung (Blatt 97 der Gerichtsakte) vor, in der er u.a. versichert, er sei schon seit sehr vielen Jahren als gewerblicher Online-Verkäufer tätig.

Der Verfügungskläger beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und der Verfügungsbeklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs bei Fernabsatzverträgen Kaffeemaschinen oder Kaffeeautomaten, Kühlschränke und Waschmaschinen anzubieten bzw. zu bewerben und dabei gegenüber Verbrauchern in Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Formulierung zu verwenden: „Die Abtretung von Mängelansprüchen ist ausgeschlossen“, wenn dies geschieht wie in Anlage ASt 3 zur Antragsschrift (Blatt 12 bis 14 der Gerichtsakte).

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Verfügungsbeklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Sie ergänzt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Die eidesstattliche Versicherung des Verfügungsklägers dürfe als erstmals in der Berufungsinstanz vorgelegtes neues Angriffsmittel nicht berücksichtigt werden und sei überdies auch inhaltlich nicht geeignet, eine Mitbewerbereigenschaft des Verfügungsklägers zu belegen. Hinsichtlich der Zulässigkeit der streitgegenständlichen AGB-Klausel sei zu beachten, dass ein online erworbener Artikel in der Regel zum eigenen Gebrauch des Käufers bestimmt sei. Sie, die Verfügungsbeklagte, habe ein berechtigtes Interesse daran, einen „grauen Markt“ gewerblicher Wiederverkäufer zu verhindern. Auch gegenüber Verbrauchern bestehe ein berechtigtes Interesse daran, die Vertragsverhältnisse übersichtlich zu halten. Sie müsse sich nicht dem Risiko aussetzen, einer im Voraus nicht übersehbaren Vielzahl von Gläubigern gegenüberzustehen. Die beanstandete Klausel solle verhindern, dass ihr, der Verfügungsbeklagten, völlig unbekannte Dritte als Gewährleistungsgläubiger aufgedrängt würden. Im Einzelfall könne die Klausel zwar im privaten Bereich eine geringfügige Belastung des Erstkäufers darstellen. Dies habe der Verbraucher indes angesichts ihrer, der Verfügungsbeklagten, überwiegenden Interessen hinzunehmen. Die Klausel werde nämlich in der weit überwiegenden Zahl der Fälle nur im Verhältnis zu gewerblichen Wiederverkäufern relevant werden.

Soweit in den vorstehenden Ausführungen Fundstellen in der Gerichtsakte angegeben sind, wird wegen der Einzelheiten auf die dort befindlichen Dokumente verwiesen.

B.
Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig und begründet.

I.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig.

Der Verfügungskläger ist insbesondere antragsbefugt. Seine Antragsbefugnis ergibt sich aus § 8 Abs. 3 Nr. 1, § 2 Abs. 1 Nrn. 3 und 6 UWG. Er hat glaubhaft gemacht, dass er als Unternehmer mit der Verfügungsbeklagten in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht. Er hatte dies sogar schon in der ersten Instanz glaubhaft gemacht, so dass es keiner Entscheidung der von der Verfügungsbeklagten aufgeworfenen Frage bedarf, ob die von ihm im Berufungsverfahren vorgelegte eidesstattliche Versicherung prozessual berücksichtigt werden darf und ob sie inhaltlich überhaupt zur Glaubhaftmachung einer Mitbewerbereigenschaft geeignet ist.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass es sich bei den im vorliegenden Rechtsstreit in Form von Internetausdrucken vorgelegten Angeboten auf der Internetplattform „Z“ und unter der Internetadresse „#####.de“ um Angebote des Verfügungsklägers handelt. Streitig ist letztlich nur, in welchem Umfang – unternehmerisch/gewerblich oder nur als privater Gelegenheitsverkäufer – der Verfügungskläger Verkaufsaktivitäten im Internet entfaltet.

Aufgrund der bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Internetausdrucke ist es glaubhaft, dass der Verfügungskläger sowohl auf der Internetplattform „Z“ als auch unter der Internetadresse „#####.de“ als gewerblicher Händler – d.h. planmäßig und auf Dauer angelegt – tätig ist. Der Auftritt unter der firmenähnlichen Bezeichnung „I1“ lässt auf die Absicht des Verfügungsklägers schließen, als Unternehmer – professionell – am Markt zu agieren. Gleiches gilt für den Umstand, dass er im Internet auf der Adressgliederungsebene unterhalb der Second-Level-Domain „S-shop“ unter einer eigenen Third-Level-Domain mit dem Namen „I“ auftritt. Er verfügt über eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer. Eine Notwendigkeit, die Zuteilung einer solchen Nummer zu beantragen, besteht für einen privaten Gelegenheitsverkäufer nicht. Soweit ersichtlich, handelt es sich bei den von ihm angebotenen Waren zu einem Großteil um neuwertige, teilweise sogar hochpreisige Gegenstände. Auf der Internetplattform „Z“ finden sich schließlich Warenangebote aus dem Marktsegment „Kaffeemaschinen, Kaffeeautomaten, Kühlschränke und Waschmaschinen“, die ein konkretes Wettbewerbsverhältnis zu der Verfügungsbeklagten begründen.

II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist auch begründet.

1.
Es besteht ein Verfügungsgrund. Die Dringlichkeitsvermutung nach § 12 Abs. 2 UWG ist nicht widerlegt. Es ist nicht ersichtlich, dass der Verfügungskläger von dem von ihm beanstandeten Verhalten der Verfügungsbeklagten bereits länger als einen Monat vor der Anbringung des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung Kenntnis hatte. Dass die Verfügungsbeklagte ihren Online-Shop bereits seit dem 05.10.2011 betreibt und seit diesem Tage auch die beanstandete AGB-Klausel verwendet, ist unerheblich. Der Verfügungskläger hat zutreffend darauf hingewiesen, dass ihn keine Marktbeobachtungspflicht trifft.

2.
Es besteht auch ein Verfügungsanspruch. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch findet seine Grundlage in § 8 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 11 UWG iVm § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

a)
§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stellt eine Marktverhaltensregelung iSd § 4 Nr. 11 UWG dar (Senat, Urteil vom 21.09.2010 – 4 U 134/10 – [veröffentlicht bei juris und unter BeckRS 2014, 10581]; Köhler/Bornkamm/Köhler, UWG, 32. Aufl. [2014], § 4 Rdnr. 11.156f).

b)
Die hier streitgegenständliche AGB-Klausel der Verfügungsbeklagten verstößt im Verkehr gegenüber Verbrauchern gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, weil sie den privaten Käufer unangemessen benachteiligt.

Der Senat hat in seinem Urteil vom 21.09.2010 – 4 U 134/10 – zu einer inhaltsgleichen AGB-Klausel eines Internetversandhändlers Folgendes ausgeführt:

„Eine in AGB enthaltene Regelung, mit welcher der Verwender die Abtretung von gegen ihn gerichteten Forderungen ausschließt, wird zwar grundsätzlich als wirksam angesehen (BGH, NJW 1989, 2750; ZIP 1997, 1072, 1073; WM 2006, 2142, 2143; […]). Doch zeigt eine genauere Analyse der Fälle, in denen die Gerichte einen solchen Abtretungsausschluss zu beurteilen hatten, dass es beinahe stets um Fälle des Geschäftsverkehrs unter Unternehmern ging. Im unternehmerischen Geschäftsverkehr wird anerkannt, dass es ein anerkennenswertes Interesse daran gibt, die Vertragsverhältnisse klar und übersichtlich zu halten. Dabei spielt auch eine Rolle, dass Forderungen von Unternehmern häufig als Sicherungsgrundlage an Kreditgeber abgetreten werden. Insbesondere der gewerbliche Weiterverkauf von Forderungen etwa an Factoringunternehmen kann die Klarheit und Übersichtlichkeit der Verträge dabei belasten.

Dieser Gesichtspunkt spielt allerdings eine wesentlich geringere Rolle im Verkehr gegenüber dem Verbraucher. Andererseits belastet das Abtretungsverbot von Gewährleistungsansprüchen im Internethandel den Verbraucher und führt daher zu Benachteiligungen von einigem Gewicht, die § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB vermeiden soll (vgl. insoweit OLG Hamm, NJW 1981, 1049, 1050). Typischerweise trifft die Benachteiligung eines Abtretungsverbotes unmittelbar den Wiederkäufer, mittelbar aber auch den Vertragspartner des Verwenders, weil der faktische Ausschluss der Gewährleistung gegenüber dem gewerblichen Erstverkäufer den Wiederverkauf erschweren, jedenfalls aber das Verhältnis zwischen Erstkäufer und Wiederkäufer mit unnötigem Streit in Fällen belasten kann, in denen eine von Anfang an mangelhafte Sache weiterverkauft wurde. Solche Fallkonstellationen können im Internethandel durchaus häufig auftreten, da bekanntermaßen beim Internethandel oft nicht der eigentlich Interessierte, sondern ein mit dem Medium versierter Käufer die Ware direkt erwirbt, sei es, dass der Enkel für seine Großeltern, die Kinder für ihre Eltern oder aber sonstige Personen für Freunde und Bekannte erwerben. Das Interesse des Käufers, in solchen Fällen nicht mit der Abwicklung der möglichen Gewährleistung belastet zu werden, hat auch der BGH als schützenswert anerkannt. So weist er in einem reisevertraglichen Fall darauf hin, dass die Pflicht des Buchenden, Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis für sämtliche Mitreisenden selbst geltend machen zu müssen, nicht nur belastet, sondern auch zu prozessualen Schwierigkeiten führen kann. Solche Schwierigkeiten tauchen schon in Fällen auf, in denen der solchermaßen Berechtigte in Prozessstandschaft auftreten muss, ohne noch ein eigenes Interesse an der Prozessführung zu haben (BGH, NJW 1989, 2750, 2751).

Dem Interesse des Verbrauchers daran, solchen Belastungen nicht ausgesetzt zu sein, ist das Interesse des Unternehmers an der Verwendung der Klausel gegenüberzustellen. Der Senat sieht ein sich auch im Verbraucherverhältnis durchsetzendes berechtigtes Interesse daran, die Abtretung von Gewährleistungsansprüchen an gewerbliche Aufkäufer solcher Ansprüche zu verhindern. Auch die Unterbindung einer Abtretung solcher Ansprüche, ohne dass gleichzeitig die Ware übereignet wird („nackte Abtretung“), mag zu einem überwiegenden Interesse auf Unternehmerseite führen. Schließlich kann der Verwender ein berechtigtes Interesse daran haben, sich nicht Ansprüchen gegenüber Personen ausgesetzt zu sehen, mit denen er nicht kontrahiert hätte, zum Beispiel, weil er solche aus früheren, unerfreulich verlaufenen Geschäften kennt und daher von einer Belieferung ausschließt.

Im vorliegend zu beurteilenden Fall differenziert der Verwender allerdings nicht nach solchen Konstellationen. Die Klausel schließt pauschal jede Abtretung aus. Sie betrifft daher auch Fälle, in denen der Verbraucher seinerseits ein anerkennenswertes und überwiegendes Interesse an einer Abtretung hat, die häufig den Unternehmer auch gar nicht belasten wird, weil sie seine Gewährleistungshaftung nicht ausdehnt, sondern lediglich verlagert. Insoweit ist die Klausel zu weit geraten. Da eine Reduktion ihres Anwendungsbereichs regelmäßig nicht in Betracht kommt (BGHZ 84, 109 = NJW 1982, 2309), ist sie insgesamt unzulässig.“

Der Senat hält an dieser Auffassung fest. Das Vorbringen der Verfügungsbeklagten führt zu keiner anderen Beurteilung. Es bedarf dabei keiner Erörterung der Frage, in welchem Umfang es in der Lebenswirklichkeit tatsächlich vorkommt, dass z.B. der Enkel für seine Großeltern, die Kinder für ihre Eltern oder aber sonstige Personen für Freunde und Bekannte – quasi als „Einkaufskommissionäre“ – Waren bei Internetversandhändlern erwerben. Jedenfalls in den praktisch durchaus relevanten Fällen des Weiterverschenkens oder des privaten Weiterverkaufs – z.B. über die Internetplattform „F“ – besteht ein anerkennenswertes Interesse des Verbrauchers daran, etwaige Gewährleistungsansprüche gegen die Verfügungsbeklagte an seinen Vertragspartner abtreten zu dürfen. Das Argument der Verfügungsbeklagten, sie wolle der Gefahr entgegenwirken, dass ihr völlig unbekannte Dritte als Gewährleistungsgläubiger aufgezwungen würden, vermag demgegenüber nicht zu überzeugen. Im Internetversandhandel sind dem Versandhändler seine Vertragspartner in der Regel nämlich ohnehin nicht (persönlich) bekannt, der Verkehr mit Personen, die dem Versandhändler allenfalls namentlich bekannt sind, ist diesem Geschäftszweig mithin immanent. Der Verfügungsbeklagten ist allerdings insoweit zuzustimmen, als sie ein schutzwürdiges Interesse daran hat, den gewerblichen Wiederverkauf von Waren aus ihrem Sortiment zu erschweren. Die beanstandete Klausel ist allerdings nicht auf diese Fallgestaltung beschränkt. Sie erfasst diese Fallgestaltung allenfalls dadurch, dass sie der Verfügungsbeklagten im Einzelfall eine Beweisführung zu der Frage, ob ein gewerblicher Wiederverkauf vorliegt, erspart, indem sie die Abtretung von Gewährleistungsansprüchen ausnahmslos ausschließt. Dieses Beweiserleichterungsinteresse überwiegt die vom Senat aufgezeigten berechtigten Verbraucherinteressen indes nicht.

Soweit sich die Verfügungsbeklagte in ihrer rechtlichen Argumentation auf mehrere Entscheidungen des Bundesgerichtshofes beruft, vermag dies ihrer Rechtsverteidigung ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Die Entscheidung BGH, NJW 2008, 1064, hatte kein Abtretungsverbot, sondern eine in AGB enthaltene Klausel zur Frage der Vertragskündigung zum Gegenstand.

In den Entscheidungen BGH, NJW 1981, 117, und BGH, NJW 2006, 3486, wurde zwar jeweils die Wirksamkeit eines AGB-Abtretungsverbotes bejaht. Die dort zu beurteilenden Sachverhalte sind indes mit der hier streitgegenständlichen Fallkonstellation nicht vergleichbar.

Der der Entscheidung BGH, NJW 2012, 2107, in der ein in AGB enthaltenes Abtretungsverbot für Ansprüche bei Leistungsstörungen für unwirksam erachtet wurde, zugrundeliegende Sachverhalt ist zwar mit der hier zu beurteilenden Konstellation ebenfalls nicht vergleichbar. Der Bundesgerichtshof hat indes in der genannten Entscheidung den – auch der vorliegenden Entscheidung durch den Senat zugrundeliegenden – Grundsatz bestätigt, wonach ein AGB-Abtretungsverbot unwirksam ist, „wenn ein schützenswertes Interesse des Verwenders an einem Abtretungsausschluss nicht besteht oder die berechtigten Belange des Kunden an der Abtretbarkeit vertraglicher Forderungen das entgegenstehende Interesse des Verwenders überwiegen.“

c)
Ein Verstoß gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist grundsätzlich auch geeignet, die wirtschaftlichen Interessen des Durchschnittsverbrauchers im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG spürbar zu beeinträchtigen (Köhler/Bornkamm/Köhler, a.a.O., § 4 Rdnr. 11.156g m.w.N.).

d)
Gesichtspunkte, die geeignet sind, die aufgrund des begangenen Wettbewerbsverstoßes zu vermutende Wiederholungsgefahr auszuräumen, sind nicht ersichtlich.

C.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Vorinstanz:
LG Paderborn, Az. 4 O 208/14