LG Bremen: Zur Unwirksamkeit von AGB-Klauseln über Bearbeitungsgebühren beim Ticketverkauf

veröffentlicht am 28. Dezember 2016

LG Bremen, Urteil vom 31.08.2016, Az. 1 O 969/15
§ 305 Abs. 1 BGB, § 307 Abs. 3 S. 1 BGB

Die Zusammenfassung des Urteils finden Sie hier (LG Bremen – Zur Unwirksamkeit von AGB-Klauseln über Bearbeitungsgebühren beim Ticketverkauf); den Volltext unten:


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Landgericht Bremen

Urteil

In dem Rechtsstreit

Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e.V., Kläger

gegen

hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts Bremen auf die mündliche Verhandlung vom 18.05.2016 durch … für Recht erkannt:

I.
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, nachfolgende oder mit diesen inhaltsgleiche Bestimmungen in Verträge über den Erwerb von Tickets für Veranstaltungen, die mit Verbrauchern über einen Telemediendienst geschlossen werden, einzubeziehen, sowie sich auf die Bestimmungen bei der Abwicklung derartiger Verträge, geschlossen nach dem 1. April 1971, zu berufen:

1.
Premiumversand 29,90 EUR
inkl. Bearbeitungsgebühr

2.
ticketdirect – das Ticket zum Selbst-Ausdrucken
Drucken sie sich ihr ticketdirect einfach und bequem selber aus! 2,50 EUR

II.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 260 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.8.2015 zu zahlen.

III.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

IV.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten Unterlassung der Verwendung zweier Regelungen, die diese im Rahmen ihres Telemediendienstes verwendet.

Der Kläger ist ein rechtsfähiger Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben es gehört, Rechte der Verbraucher wahrzunehmen und gegebenenfalls gerichtliche Maßnahmen einzuleiten (§ 4 UKLaG). Die Beklagte ist Vermittlerin von Tickets für unterschiedliche Veranstaltungen. Sie betreibt einen Telemediendienst unter der Internetadresse: http://www.eventim.de/ tätig und beschafft und vermittelt hierüber Tickets für Veranstaltungen, die sie den Bestellern zur Verfügung stellt.

Unter dieser Internetadresse stellt die Beklagte Allgemeine Geschäftsbedingungen (Bl. 15 f d. A.) zum Abruf zur Verfügung. Dort heißt es u.a. unter III. 2:

„Preisbestandteile & Zahlungsmodalitäten: […] Bei der Internet-Bestellung werden Service- und Versandkosten erhoben, die je nach Veranstaltung variieren können. Diese Gebühren werden Ihnen bei der Bestellung im Warenkorb angezeigt, darüber hinaus entstehen keine weiteren nicht ausgewiesenen Kosten. […]“

Gegenstand des Unterlassungsbegehrens nach § 1 UKlaG sind die im Klagantrag des Klägers genannten Regelungen. So werden bei Wahl der Versandart „Premiumversand“ dem Besteller weitere Kosten „inkl. Bearbeitungsgebühr“ in Rechnung gestellt, in dem von dem Kläger dargestellten Beispiel 29,90 EUR (Bl. 4 f d. A.). Zudem wird bei Wahl der Option „ticketdirect – ­das Ticket zum Selbstausdrucken“ eine Servicegebühr von 2,50 EUR berechnet (Bl. 6 f d. A.).

Der Kläger ist der Ansicht, dass die beiden Regelungen in Verbindung mit der Allgemeinen Geschäftsbedingung in Nr. III.2 einer Inhaltsüberprüfung nach den §§ 307 ff BGB nicht stand hielten. Es handele sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne der 305 Abs. 1 S. 1 BGB und unterlägen als solche der lnhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB.

Die Klausel bezüglich des Premiumversandes stelle eine Preisnebenabrede dar. Diese unterlägen einer Inhaltskontrolle, wenn dem Entgelt keine gesondert zu erbringende Leistung gegenüberstehen, sondern hierdurch Aufwendungen für die Erfüllung eigener Pflichten des Klauselverwenders erstattet verlangt würden. Hierbei handele es sich dann um kontrollfähige Abweichungen von Rechtsvorschriften. Denn der Verbraucher habe aufgrund der Klausel das Entgelt zu entrichten, damit ihm das Ticket zur Verfügung gestellt wird. Das Zurverfügungstellen der Tickets für die Veranstaltungen sei jedoch Gegenstand der vertraglichen Pflicht der Beklagten, so dass der Versand des Tickets an den Verbraucher notwendiger Bestandteil der Erfüllung der Verpflichtung zur Aushändigung des Tickets sei. Insbesondere beinhalte das Entgelt für den Premiumversand mehr als die reinen Kosten für die Versendung, welche an das Transportunternehmen zwecks Übermittlung zu entrichten seien. Vielmehr gelte die Beklagte mit dem Entgelt „Serviceleistungen“, mithin eigene Aufwendungen, ab. Nach § 307 I Nr. 1 BGB stelle die Klausel des Premiumversandes eine unangemessene Benachteiligung dar, da die von dem wesentlichen Grundgedanken gesetzlicher Regelungen abweiche, dass für vertraglich geschuldete Leistungen kein gesondertes Entgelt verlangt werde.

Auch die Klausel des „ticketdirect – Ticket zum Selbstausdrucken“ stelle ein Entgelt für die von der Beklagten geschuldeten vertraglichen Leistung dar, da sich die Verpflichtung zur Aushändigung bereits aufgrund vertraglicher Absprache ergebe. Somit stehe dem geforderten Entgelt in Höhe von 2,50 EUR keine besondere Leistung gegenüber. Auch dies weiche von den grundlegenden Wertungen der gesetzlichen Regelungen ab, sodass die Klausel ebenfalls gegen § 307 Abs. 1 Nr.1 BGB verstoße.

Nach teilweiser Klagrücknahme beantragt der Kläger nunmehr,

I. die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, nachfolgende oder mit diesen inhaltsgleiche Bestimmungen in Verträge über den Erwerb von Tickets für Veranstaltungen, die mit Verbrauchern über einen Telemediendienst geschlossen werden, einzubeziehen, sowie sich auf die Bestimmungen bei der Abwicklung derartiger Verträge, geschlossen nach dem 1. April 1977, zu berufen:

1. Premiumversand (inkl. Bearbeitungsgebühr) 29,90 EUR

2. ticketdirect – das Ticket zum Selbstausdrucken 2,50 EUR

II. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 260 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt: die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass es sich bei den streitgegenständlichen Klauseln bereits nicht um Allgemeine Geschäftsbedingungen handele. Dies folge daraus, dass die Allgemeine Geschäftsbedingung Nr. III. 2 eine ausfüllungsbedürftige Klausel darstelle, die nur allgemein die Erhebung von Service- und Versandkosten regle, die konkreten Versandkosten jedoch je nach Versandart variierten, so dass sich erst im Anschluss an die vom Verbraucher gewählte Versandart der Endpreis ergebe. Der Käufer wähle in freier Entscheidung zwischen mehreren Versandarten aus. Damit liege in der Preisbestimmung über die Versandkosten eine selbständige Preisregelung.

Jedenfalls unterläge die streitige Klausel zum Premiumversand nicht der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs.3 BGB. Nur solche Allgemeinen Geschäftsbedingungen seien kontrollfähig, die von Rechtsvorschritten abwichen oder diese ergänzende Regelungen enthielten. Hierunter fielen jedoch nicht Bestimmungen über den Preis der vertraglichen Hauptleistung sowie Klauseln über das Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte, zusätzlich angebotene Sonderleistung. Bei dem hier erhobenen Entgelt handle es sich um eine Regelung über den Preis der vertraglichen Hauptleistung, jedenfalls aber um eine Regelung über das Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte, aber zusätzlich angebotene Sonderleistung.

Hauptleistung der Beklagten sei das Beschaffen und der Versand der Eintrittskarte. Hierfür habe der Verbraucher zum einen den Preis für das Ticket zu bezahlen, zum anderen habe er die von der Beklagten ihrerseits zu erbringende Leistung, namentlich die Ticketbeschaffung, den Versand und die damit verbundenen Serviceleistungen als eine von dieser zu erbringende Hauptleistung zu vergüten. Selbst wenn man von einer selbstständigen Nebenleistung ausginge, unterliege diese nicht der Inhaltskontrolle, da dem Verbraucher erkennbar sei, dass es sich bei der Beschaffung und dem Versand des Tickets um eine gesondert zu erbringende Leistung der Beklagten handele.

Im Übrigen führe die Klausel hinsichtlich des Premiumversandes nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB. So sei es bei Fernabsatzgeschäften allgemein üblich, Versandkosten zusätzlich zum Kaufpreis zu verlangen.

Auch die beanstandete Klausel zum „ticketdirect“ stelle aus den zuvor genannten Gründen keine „Allgemeine Geschäftsbedingung“ dar, jedenfalls sei sie nach § 307 Abs. 3 BGB der Inhaltskontrolle entzogen, da es sich hierbei ebenfalls um eine geschuldete Hauptleistung, jedenfalls aber um eine echte Nebenleistung handele. Schließlich benachteilige das hierfür erhobene Entgelt in Höhe von 2,50 EUR den Verbraucher nicht, sondern wirke sich vielmehr zu dessen Gunsten aus, da dieser gegenüber den sonst anfallenden Versandkosten von mindestens 4,90 EUR deutlich günstiger stehe. Schon aus diesem Grund stelle die Klausel zum ticketdirect keine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB dar.

Im Übrigen wird wegen des Sach- und Streitstands auf die auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Terminsprotokoll der mündlichen Verhandlung vom 18.Mai 2016 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Das Landgericht Bremen ist sachlich und örtlich ausschließlich zuständig gemäß § 6 Abs. 1 UKlaG, da der Kläger einen Unterlassungsanspruch nach § 1 UKlaG gegen die Beklagte, die ihre Niederlassung in Bremen hat, geltend macht.

Der Kläger ist klagebefugt, ihm steht ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich beider streitgegenständlicher Regelungen zu, ebenso wie die geltend gemachten Abmahnkosten.

Der Kläger ist gemäß §§ 1 und 2 UKlaG i.V.m. §§ 3 I Nr. 1 und 4 UKlaG klagebefugt. Rechtsfähige Verbände sind zur Geltendmachung der Unterlassungsansprüche befugt, wenn es zu ihren satzungsmäßigen Aufgaben gehört, die Interessen der Verbraucher wahrzunehmen.

Nach Ziffer 2.2. c) der klägerischen Satzung gehört es zu den satzungsgemäßen Aufgaben des Klägers, die Rechte der Verbraucher wahrzunehmen und bei Verstößen hiergegen vorzugehen.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach § 1 UKlaG zu. Nach dieser Bestimmung kann derjenige, der in allgemeinen Geschäftsbedingungen Bestimmungen verwendet, die nach den §§ 307 ff BGB unwirksam sind, auf Unterlassung der Verwendung derselben in Anspruch genommen werden.

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Sowohl die von der Beklagten verwendete Klausel bezüglich des Premiumversandes als auch die Klausel bezüglich des ticketdirect verstoßen gegen die §§ 307 ff BGB.

Die streitgegenständlichen Klauseln stellen in Verbindung mit der Allgemeinen Geschäftsbedingung in Nr. III.2 entgegen der Ansicht der Beklagten zunächst Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.d. § 305 Abs. 1 BGB dar. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind Vertragsbedingungen, die für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind und von einer Vertragspartei gestellt werden. Die streitgegenständlichen Regelungen sollen den Vertragsinhalt gestalten und finden als vorformulierte Vertragsbedingungen bei Vertragsschlüssen über den Telemediendienst der Beklagten unter der Internetadresse: http://www.eventim.de/ für sämtliche Vertragsabschlüsse Anwendung.

Der Einordnung der streitgegenständlichen Regelungen als Allgemeine Geschäftsbedingungen steht auch nicht entgegen, dass der Verbraucher bei der Versandart zwischen mehreren vorformulierten Regelungen wählen kann. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist dabei nicht von einem individuellen Aushandeln der Bedingungen auszugehen. Nur das würde der rechtlichen Bewertung als Allgemeine Geschäftsbedingungen gemäß § 305 BGB entgegenstehen. Der Verbraucher hat zwar ein Wahlrecht zwischen unterschiedlichen Möglichkeiten, die jeweils vorgegeben sind. So entschied auch der BGH in einem Rechtsstreit über die rechtliche Einordnunq von ankreuzbaren Wahlmöglichkeiten hinsichtlich der Laufzeit eines Versicherungsvertrages, dass allein in der Wahlmöglichkeit kein Aushandeln der Bedingungen zu sehen sei und die Klauseln hierdurch noch nicht den Charakter einer Vertragsbedingung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 AGBG verlören (vgl. BGH, NJW-RR 1997, 1000 – zitiert nach juris, Rn. 22). Schließlich kann auch deshalb nicht von einem Aushandeln i.S.d. § 307 Abs. 1 S. 3 BGB die Rede sein, da der Verwender die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Disposition des anderen Teils stellen müsste (Palandt/Grüneberg, § 305, Rn. 20). Davon kann aber allein aufgrund der von der Beklagten als Verwender zur Verfügung gestellten Versandoptionen nicht gesprochen werden. Dem Verbraucher bleibt lediglich mittels Ankreuzen die Wahl, sich für eine Versandart zu entscheiden. Die weiteren damit verbundenen Regelungen sind vorformuliert und für den Verbraucher disponibel.

Die streitgegenständlichen Regelungen unterliegen auch nicht dem Ausschluss der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB, da es sich bei diesen um Neben- und Zusatzleistungen handelt. Nach § 307 Abs.3 S. 1 BGB unterliegen der Inhaltskontrolle lediglich solche Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die von Rechtsvorschriften abweichen oder diese ergänzende Regelungen enthalten. Aus Gründen der Vertragsfreiheit fallen darunter weder Bestimmungen über den Preis der vertraglichen Hauptleistung noch Klauseln über das Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte zusätzlich angebotene Sonderleistung. Damit sind Allgemeine Geschäftsbedingungen dann nicht nach den §§ 307 ff BGB der Inhaltskontrolle zugänglich, wenn sie Abreden über den Gegenstand des Vertrags darstellen, mithin Preisvereinbarungen für die Hauptleistung sind und als solche Art und Umfang der Vergütung unmittelbar regeln (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., 2014, § 307 Rn. 46). Vollumfänglich überprüfbar sind dagegen sogenannte Preisnebenabreden, die eben kein Entgelt für auf rechtsgeschäftlicher Grundlage erbrachte Sonderleistungen vorsehen, sondern Aufwendungen für die Erfüllung gesetzlich begründeter eigener Pflichten des Verwenders oder für Zwecke des Verwenders auf den Kunden abwälzen (vgl. BGH, NJW.2009, 3570 – zitiert nach juris Rn. 15; BGH NJW 2002, 2386 – zitiert nach juris Rn. 14). Diese wirken sich mittelbar auf den Preis aus und können bei fehlender Regelung durch dispositives Recht ersetzt werden (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., 2014, § 307 Rn. 47). Gleichfalls der Inhaltskontrolle zugänglich sind sog. Neben- und Zusatzleistungen, wenn diese Entgelte für die Erfüllung gesetzlicher oder nebenvertraglich begründeter eigener Pflichten des Verwenders zum Inhalt haben oder die Aufwendungen für solche Tätigkeiten auf den Kunden abwälzen, die der Verwender im eigenen Interesse erbringt (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., 2014, § 307 Rn. 49).

Ausweislich ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen vertreibt die Beklagte die Tickets im Auftrag des jeweiligen Veranstalters und wird so als „Vermittlerin oder Kommissionärin“ tätig. In dieser Eigenschaft verkauft sie i.S.d. § 383 Abs. 1 HGB die Tickets für Rechnung des jeweiligen Veranstalters in eigenem Namen. Durch die Bestellung von Tickets beauftragt der Kunde die Beklagte mit der Abwicklung des Kartenkaufes einschließlich Versand (vgl. hierzu Bl. 15 d.A.).

Hinsichtlich der einzelnen Pflichten ist mithin zwischen der Beauftragung zur Abwicklung des Kartenkaufes und der Verschaffung des Tickets zu unterscheiden.

Entgegen dem Vorbringen der Beklagten, es handle sich bei den beanstandeten Regelungen jeweils um eine kontrollfreie Hauptleistung, jedenfalls aber um eine kontrollfreie selbstständige Nebenleistung, die nicht der Inhaltskontrolle unterliegen, sieht das Gericht in den zur Prüfung vorliegenden Regelungen voll überprüfbare Neben- und Zusatzleistungen. Insoweit ist zu unterscheiden zwischen den Leistungen, die die Beklagte erbringt. Hauptleistung der Beklagten ist dabei lediglich die Abwicklung des Kartenkaufes, wohingegen die Verschaffung mittels Versand des Tickets eine Neben- und Zusatzleistung der Beklagten darstellt. Diese unterliegen vorliegend der Inhaltskontrolle, da es sich nicht um echte Nebenleistungen, sondern vielmehr um eine nebenvertraglich begründete eigene Pflicht der Beklagten handelt, die aus der Vermittlungstätigkeit resultiert. Dies ergibt sich vorliegend daraus, dass die Beklagte sich in erster Linie gegenüber dem Verbraucher dazu verpflichtet, das Ticket vom Veranstalter zu erwerben und dieses an den Verbraucher weiterzuleiten. Zur Erfüllung dieser Hauptpflicht muss sie dem Verbraucher das Ticket zukommen lassen, sei es mittels Versand, sei es durch Bereitstellen der Möglichkeit, das Ticket selber auszudrucken. Hierbei handelt es sich aber nur um eine der Erfüllung der Hauptpflicht dienende Nebenpflicht

Sowohl die Regelung zum Premiumversand als auch die Regelung zum ticketdirect hält der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB nicht stand.

Die beanstandete Regelung zum „Premiumversand“ verstößt gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Demnach sind Regelungen unwirksam, die mit wesentlichen Grundgedanken gesetzlicher Regelungen nicht vereinbar sind. Ein solcher Grundgedanke ist, dass Sonderentgelte nicht für Tätigkeiten festgesetzt werden dürfen, die im eigenen Interesse des Verwenders vorgenommen werden (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., 2014, § 307 Rn. 32).

Dass eine Abwälzung von Versandkosten auf den Verbraucher grundsätzlich zulässig ist, folgt bereits aus den gesetzlichen Regelungen der §§ 312 d, 312 e BGB i.V.m. Art. 246 a § 1 II Nr.4 EGBGB, wonach der Verbraucher vor Abschluss des Vertrages über etwaige anfallende Versandkosten zu informieren ist.

Die von der Beklagten verwendete Regelung zum Premiumversand erfüllt diese Voraussetzungen aber nicht und ist nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Dies ergibt sich daraus, dass die Regelung den Zusatz „inklusive Bearbeitungsgebühr“ enthält. Bei einer solchen Bearbeitungsgebühr handelt es sich nach Darstellung der Beklagten jedoch um Kosten für die Tätigkeit der Vermittlungsleistungen, die im eigenen Interesse der Beklagten vorgenommen wird, denn der Versand und damit auch die Personal- und Bearbeitungskosten stellen, wie bereits festgestellt, eine vertragliche Nebenpflicht der Beklagten dar, zu deren Erfüllung diese verpflichtet ist. Will sie nun im Rahmen der Versandkosten hierfür Kosten geltend machen, so verlangt sie damit Aufwendungen ersetzt, zu deren Erbringung sie aufgrund ihrer eigenen Hauptleistungsverpflichtungen verpflichtet ist (vgl. BGH NJW 2002, 2366 – zitiert nach juris Rn. 16 f).

Jedenfalls liegt in der Regelung ein Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1 I, II 1 Nr. 2 PAngV. So sind Klauseln möglichst klar, einfach und verständlich zu formulieren. Der Maßstab hierfür ist ein aufmerksamer und sorgfältiger Teilnehmer am Wirtschaftsverker (Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., 2014, § 307 Rn. 23). Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 PAngV sind Versandkosten anzugeben. Gegen das Transparenzgebot verstößt es jedoch, wenn als Versandkosten lediglich ein Einheitspreis angegeben wird und dabei ein Hinweis erfolgt, dass dieser Bearbeitungsgebühren enthält. Der Verbraucher rechnet, wenn er Versandkosten zahlen muss, nicht damit, dass hierin zudem Bearbeitungsgebühren anfallen. Insbesondere ist für ihn nicht ersichtlich, wie diese Bearbeitungsgebühren entstehen und sich zusammensetzen.

Auch die von der Beklagten verwendete Regelung zum „ticketdirect“ verstößt gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Die Umlegung der Kosten für den Selbstausdruck des jeweiligen Tickets auf den Verbraucher widerspricht dem Grundsatz, dass eine Abwälzung von Tätigkeiten, die im eigenen Interesse des Verwenders vorgenommen werden, unwirksam ist. Bei der beanstandeten Klausel handelt es sich nicht um eine Vergütungsvereinbarung. Dagegen spricht schon ihre Darstellung, wonach 2,50 Euro bei der Buchung anfallen. Regelungsgegenstand ist demnach ein vertraglicher Kostenerstattungsanspruch, den der rechtlich nicht vorgebildete Durchschnittskunde mit einem Aufwendungsersatzanspruch gleichsetzt. Unklarheiten bei der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gehen gemäß § 305 c Abs. 2 BGB aber zu Lasten des Verwenders. Die Beklagte macht mit der beanstandeten Regelung mithin einen Aufwendungsersatzanspruch geltend. Gemäß § 675 Abs. 1 BGB iV.m. § 670 BGB kann der Geschäftsbesorger aber lediglich solche Aufwendungen ersetzt verlange, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf (vgl. BGH WM 2012, 1344 – BGH Urt. v. 8.05.2012, zitiert nach juris Rn. 8). Damit weicht die streitgegenständliche Klausel vom (dispositiven) Gesetzesrecht ab. Die festgelegte pauschale Summe von 2,50 EUR fällt allein aufgrund der Auftragsausführung zusätzlich an. Die Forderung einer konkreten Aufwendungs- bzw. Kostenpauschale enthebt die Beklagte von einer Berechnung der konkreten Aufwendungshöhe und dient damit ausschließlich ihren eigenen Interessen.

Dann hält die genannte Klausel aber auch einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB nicht stand. Sie ist mit wesentlichen Grundgedanken des Aufwendungsersatzanspruchs des Beauftragten (§ 670 BGB) bzw. des entgeltlichen Geschäftsbesorgungsvertrages (§§ 675 Abs. 1, 670 BGB) unvereinbar, weil sie eine Zahlungsverpflichtung statuiert, die die Erforderlichkelt der konkret angefallenen Tätigkeit und zudem die Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten außer Acht lässt.

Auch die weiteren Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs gemäß § 1 UKlaG, insbesondere die erforderliche Wiederholungsgefahr, sind gegeben. Dies ergibt sich daraus, dass die Beklagte die streitgegenständlichen Klauseln für wirksam hält und diese in der mündlichen Verhandlung am 18.05.2016 noch verteidigt hat (vgl. Paland/Bassenge, BGB, 73. Aufl., 2014, § 1 UKlaG, Rn. 8).

Auch der dem Klagantrag zu 2 verfolgte Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen in Höhe von 260 Euro ist begründet. Gem. § 5 UKlaG i.V.m. § 12 I UWG kann der Kläger Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, wenn die Abmahnung berechtigt ist. Nach obigen Ausführunqen steht dem Kläger der geltend gemachte Unterlassungsanspruch hinsichtlich beider Regelungen zu. Die Abmahnung war auch erforderlich, um die Beklagte auf die Rechtsverstöße aufmerksam zu machen, sodass die hierfür angefallenen Kosten dem Grunde nach zu ersetzen sind. Die haftungsausfüllende Schadenshöhe konnte das Gericht dabei gem. § 287 ZPO schätzen. Hierfür stellte der Kläger hinreichende Kalkulationsgrundlagen zur Verfügung. Demnach hat die Beklagte die Kosten der Abmahnung in Höhe von 260 EUR nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Die Klage wurde der Beklagten am 13.08.2015 zugestellt, sodass sie gem. § 253 I, 261 I ZPO seitdem rechtshängig ist. Gem. § 222 I ZPO i.V.m. § 187 I BGB analog sind damit Zinsen seit dem 14.08.2015 zu zahlen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2, 709 S. 1 ZPO.