OLG Schleswig: Mobilfunkanbieter darf pauschale Gebühr für Rücklastschriften auch nicht automatisiert per Rechnungssoftware einziehen

veröffentlicht am 19. Januar 2016

OLG Schleswig, Urteil vom 15.10.2015, Az. 2 U 3/15
§ 305 Abs. 1 S. 1 BGB, § 309 Nr. 5 a und b BGB, § 1 UKlaG

Die Entscheidung des OLG Schleswig haben wir hier für Sie zusammengefasst und den hier relevanten Passus der Entscheidung im Folgenden für Sie zitiert:



b.
Die Programmierung der Rechnungssoftware ist keine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB. Gemäß Absatz 1 S. 1 sind Allgemeine Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Die Programmierung ist ein rein tatsächliches Verhalten. Auch die daraus erstellten Rechnungen enthalten keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen, sondern stellen gegenüber dem Kunden durch Aufführen einer erläuterten Rechnungsposition einen Schadenersatzanspruch als gegeben fest.

c.
Die Beklagte umgeht das Klauselverbot durch eine anderweitige Gestaltung gemäß § 306 a BGB.

Eine anderweitige Gestaltung, die die Anwendung der Vorschriften „dieses Abschnitts“ – des Abschnitts 2 des Zweiten Buches des Bürgerlichen Gesetzbuches „Gestaltung rechtsgeschäftlicher Schuldverhältnisse durch Allgemeine Geschäftsbedingungen“ – zulässt, muss nach Überzeugung des Senats an der oben bereits angeführten Definition Allgemeiner Geschäftsbedingungen in § 305 BGB gemessen werden. Dabei ist festzuhalten, dass der Gesetzeswortlaut anderweitige Gestaltungen (Unterstreichung durch den Senat) voraussetzt und nicht die von der Beklagten durchgehend für notwendig gehaltenen anderen rechtlichen Gestaltungen (Unterstreichung durch den Senat).

Es trifft zwar zu, dass der BGH (a.a.O.) den Obersatz seiner Prüfung dahingehend formuliert hat: Ein Verstoß gegen das Umgehungsverbot liege vor, wenn eine als Allgemeine Geschäftsbedingung unwirksame Regelung bei gleicher Interessenlage durch eine andere rechtliche Gestaltung erreicht werden solle, die nur den Sinn haben könne, dem gesetzlichen Verbot zu entgehen (Abschnitt II Nr. 2 b der Urteilsgründe unter Zitierung von Palandt-Heinrichs, 64. Auflage, Rn. 2 zu § 306, und Borges ZIP 2005, 185, 187). Aus dem Gesamtzusammenhang der Entscheidungsgründe erschließt sich jedoch, dass der BGH mit der Verwendung des Begriffs „rechtliche Gestaltung“ weder § 306a BGB entgegen dem Wortlaut einschränkend auslegt noch für eine Umgehung eine anderweitige vertragliche Regelung als diejenige in Form von Allgemeinen Geschäftsbedingungen verlangt. Denn dem soeben beschriebenen Obersatz voraus geht die eingehende Beschreibung der in jenem Fall vorhandenen einheitlichen Handlungsanweisung als Internum und der erfolgten Kontobuchung als Realakt (Abschnitt II Nr. 1 b der Urteilsgründe).

Entscheidungserheblich ist für den Senat – wie auch in den weiteren Gründen unter Abschnitt II Nr. 2 b der Urteilsgründe des Urteils des BGH angeführt – eine wirtschaftlich wirkungsgleiche Praxis, die ebenso effizient wie die Pauschalierung von Schadensersatz in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist und deren typischen Rationalisierungseffekt hat. Diese Voraussetzungen für eine Umgehung entsprechen dem für notwendig erachteten Maßstab des § 305 BGB und vermögen der von der Beklagten im Einklang mit Stimmen in der Literatur (etwa Schmidt in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 11. Auflage, Rn. 6 zu § 306 a BGB; Haertlein, EWiR 2005, 535; Borges, BKR 2005, 225; Freitag, ZIP 2005, 2052) befürchteten Ausweitung des § 306a BGB in Richtung einer allgemeinen Marktmissbrauchskontrolle entgegen zu wirken (vgl. auch Erman-Roloff, 12. Aufl., Rn. 3 zu § 306 a BGB; wohl auch MünchKomm-Basedow, 6. Aufl., Rn. 3 zu § 306 a BGB).

Insoweit ist im digitalen Zeitalter die systematische Inrechnungstellung durch entsprechend programmierte Software eine noch eindeutigere effiziente und rationalisierte Handhabung als eine interne Anweisung an Mitarbeiter, wie sie dem vom BGH entschiedenen Fall zugrunde lag.

Eine Vergleichbarkeit besteht schließlich auch im Hinblick darauf, dass § 305 Abs. 1 S. 1 BGB verlangt, dass AGB bei Abschluss eines Vertrages gestellt werden, denn die Programmierung der Rechnungssoftware vor Abschluss neuer Verträge ist dieser Voraussetzung einer Allgemeinen Geschäftsbedingung gestalterisch im Sinne des § 306 a BGB vergleichbar.
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