LG Frankfurt a.M.: Eine Zinsbegrenzungsprämie kann zwischen Unternehmern in AGB wirksam vereinbart werden

veröffentlicht am 20. Oktober 2015

LG Frankfurt a.M., Urteil vom 16.09.2015, Az. 2-19 O 41/15
§ 307 BGB

Lesen Sie unsere Zusammenfassung der Entscheidung (hier) oder lesen Sie im Folgenden den Volltext der Entscheidung über Zinsbegrenzungsprämien in AGB:

Landgericht Frankfurt am Main

Urteil

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Kläger begehren die Erstattung laufzeitunabhängiger Bearbeitungsgebühren und einer Zinsbegrenzungsprämie.

Am 19.12.2008 schlossen die Kläger mit der Beklagten einen Darlehensvertrag über eine Darlehenssumme von € 800.000,00. Die Beklagte vereinnahmte vereinbarungsgemäß Bearbeitungskosten von € 24.000,00. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K 1 Bezug genommen. Der Zinssatz für das Darlehen war variabel vereinbart. Die Zinsuntergrenze wurde auf 1,75 %, die Zinsobergrenze auf 6,2 % festgelegt. Im Darlehensvertrag war ferner eine Zinsbegrenzungsprämie von 3 % ausgewiesen, die von den Klägern gezahlt wurde.

Ende des Jahres 2010 schuldeten die Kläger das Darlehen um. Vertraglich vereinbart wurde in diesem Zusammenhang eine Bearbeitungsgebühr von € 8.000,00. Wegen der Einzelheiten wird auf den Darlehensvertrag Anlage K 3 Bezug genommen.

Die Kläger nahmen die Darlehen in ihrer Eigenschaft als Unternehmer auf.

Die Kläger sind der Ansicht, Bearbeitungsgebühr und Zinsbegrenzungsprämie seien unwirksam vereinbart. Hierzu behaupten sie, die Vereinbarungen seien in allgemeinen Geschäftsbedingungen getroffen worden.

Sie behaupten, sie hätten nicht erkennen können, dass es sich bei dem vorab zu entrichtenden Betrag von € 48.000,00, der in dem Kontoauszug als „Gebühren“ bezeichnet wurde, um 2 verschiedene Kostenpositionen gehandelt habe.

Die Kläger beantragen,

die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag von € 56.000,00 nebst Jahreszinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz aus einem Betrag von € 48.000,00 seit dem 20.12.2008 und aus einem Betrag von € 8000,00 seit dem 01.01.2011 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Unwirksamkeit von in allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbarten Bearbeitungsentgelten betreffe nur Verbraucherdarlehen. Eine Zinsbegrenzungsprämie könne auch in allgemeinen Geschäftsbedingungen wirksam vereinbart werden

Sie erhebt die Einrede der Verjährung.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet. Den Klägern steht kein Anspruch auf Rückzahlung des Bearbeitungsentgelts und der Zinsbegrenzungsprämien zu.

(1)
Tatsächlich dürfte es sich bei der Vereinbarung eines Bearbeitungsentgelts und der Zinsbegrenzungsprämie um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handeln.

Nach § 305 Abs. 1 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt.

Die Kläger sind für die Tatsache, dass das Bearbeitungsentgelt durch Allgemeine Geschäftsbedingungen vereinbart wurde, nach allgemeinen Grundsätzen darlegungs- und beweisbelastet. § 310 Abs. 3 BGB findet keine Anwendung.

Der Nachweis, dass eine Allgemeine Geschäftsbedingung – eines gewerblichen Verwenders – vorliegt, ist in der Regel erbracht, wenn ein gedrucktes oder sonst vervielfältigtes Klauselwerk – wie hier – verwandt worden ist. AGB sind prima facie auch anzunehmen, wenn sich bereits aus der Fassung der Klauseln die Absicht der mehrfachen Verwendung ergibt. Entscheidend ist nach dem Wortlaut die Absicht, nicht die tatsächliche Serienverwendung. Der Verwender muss die Absicht im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gehabt haben. Dabei kann bereits aus Inhalt und Gestaltung der Klauseln der äußere Anschein folgen, dass die Klauseln zur mehrfachen Verwendung vorformuliert wurden. Daher erwecken formelhaft verwendete Klauseln bis zum Beweis des Gegenteils den Anschein der Mehrverwendungsabsicht. Werden die gleichen Vertragsbedingungen tatsächlich mehreren Geschäften zugrunde gelegt, spricht eine Vermutung dafür, dass sie für diese vielen Fälle vorformuliert worden und dementsprechend als AGB anzusehen sind. Der Gesetzgeber hat bewusst davon abgesehen, eine „unbestimmte“ Vielzahl von Verträgen zu verlangen. Regelmäßig sind Vertragsbedingungen für eine „Vielzahl von Verträgen“ bereits dann vorformuliert, wenn mindestens ihre dreimalige Verwendung beabsichtigt ist (MüKoBGB/Basedow BGB § 305 Rn. 17f.).

Die Tatsache, dass die Beklagte in beiden Verträgen formularmäßig ein Leerfeld für „Bearbeitungskosten“ und Risikobegrenzungsprämie vorgesehen hat, stützt die Annahme, dass diese Formulierungen Allgemeine Geschäftsbedingung sind (BGH, Urteil vom 28.10.2014 – XI ZR 348/13, Rz. 33). Dass in beiden Verträgen jedoch prozentual bezogen auf den Anlagebetrag unterschiedlich hohe Bearbeitungskosten vereinbart wurden, steht der Annahme eines formularmäßig vereinbarten Bearbeitungsentgelts nicht entgegen.

Diese Frage kann hier indessen offen bleiben, denn jedenfalls wäre die Vereinbarung eines Bearbeitungsentgelts auch dann wirksam, wenn sie gegenüber den Klägern in Allgemeinen Geschäftsbedingungen erfolgt wäre. Zur Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit einer Vereinbarung eines Bearbeitungsentgelts mit einem Unternehmer hat sich der Bundesgerichtshof bisher nicht geäußert. Die Kammer erachtet ein in Allgemeinen Geschäftsbedingungen mit einem Unternehmer vereinbartes Bearbeitungsentgelt als wirksam. Ein Verstoß gegen §§ 307 ff. BGB liegt nicht vor.

Hierbei ist davon auszugehen, dass die grundlegenden Feststellungen des Bundesgerichtshofs in den Entscheidungen vom 13.05.2014 – XI ZR 170/13 – und vom 28.10.2014 – XI ZR 17/14 -, zur Abweichung einer solchen Preisabrede von dem gesetzlichen Grundgedanken des § 488 BGB zwar auch auf den kaufmännischen Verkehr zu übertragen sind. Die Unangemessenheit i.S.v. § 307 Abs. 1 und Abs. 2 BGB wird dadurch widerleglich indiziert („im Zweifel“). Angesichts der klaren Formulierung des § 307 Abs. 2 BGB kann aber auch eine Klausel, die gegenüber einem Verbraucher als unwirksam anzusehen ist, gegenüber Unternehmern wegen der besonderen Interessen und Bedürfnisse des Wirtschaftsverkehrs und unter Berücksichtigung der im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche als angemessen gelten. Für die Maßstäbe, nach denen die Angemessenheit der im Verkehr zwischen Unternehmern verwandten Allgemeinen Geschäftsbedingung zu beurteilen ist, kommt es indessen nicht darauf an, ob im Einzelfall ein mehr oder weniger großes Schutzbedürfnis besteht.

Werden Allgemeine Geschäftsbedingungen für verschiedene Arten von Geschäften oder gegenüber verschiedenen Verkehrskreisen verwendet, deren Interessen, Verhältnisse und Schutzbedürfnisse generell unterschiedlich gelagert sind, so ist die Abwägung in den durch die am Sachstand orientierte typische Interessenlage gebildeten Vertrags- oder Fallgruppen vorzunehmen und kann zu gruppentypisch unterschiedlichen Ergebnissen führen (Staudinger/Michael Coester BGB § 307, Rz. 111).

Besonderheiten bei der Bewertung einer Klausel als angemessen oder unangemessen können sich gegenüber Unternehmern daraus ergeben, dass ein Unternehmer Geschäfte der streitigen Art häufig abschließt und daher besser imstande ist, sich gegen das auf ihn abgewälzte Vertragsrisiko durch Eigenvorsorge zu sichern. Vielfach verfügen Unternehmer auf Grund eigener Sachkunde und auf Grund wiederholter Abwicklung ähnlicher Geschäfte über Möglichkeiten der Risikobeherrschung, die dem Verbraucher nicht zu Gebote stehen, so dass es auch aus diesem Grunde gerechtfertigt sein kann, eine Klausel im Wirtschaftsverkehr zwischen Unternehmern als wirksam anzusehen, die im Falle der Verwendung gegenüber Verbrauchern zu beanstanden wäre (MüKoBGB/Wurmnest BGB § 307 Rn. 75-80).

Die Frage der Wirksamkeit von in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegenüber Kaufleuten vereinbarten Bearbeitungsentgelten hat sich daran zu orientieren, ob festgestellt werden kann, dass diese Vereinbarung gerade nicht unangemessen ist bzw. gegen Treu und Glauben spricht.

Gegen deren Unangemessenheit spricht insbesondere, dass Unternehmer, anderes als Verbraucher, ständig auf die Inanspruchnahme von Krediten angewiesen sind und daher über einen anderen Wissenstand, aber auch über eine weitaus stärkere Verhandlungsmacht gegenüber den Banken verfügen. Im Weiteren ist davon auszugehen, dass Unternehmer im Zusammenhang mit einer Darlehensaufnahme eine vollständige Kalkulation der ihnen entstehenden Kosten vornehmen und sich damit des Bearbeitungsentgelts nach Umfang, Bedeutung und Höhe voll bewusst werden.

Hinzu kommt, dass Bearbeitungsentgelte in banküblicher Höhe von zuletzt bis zu 2 % in der älteren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unbeanstandet geblieben sind (vgl. die Nachweise im Urteil des BGH vom 13.05.2015, a.a.O.). Soweit darin die Billigung formularmäßig erhobener Bearbeitungsentgelte in Verbraucherdarlehensverträgen zum Ausdruck gekommen ist, kann dem Verwender einer solchen Klausel nicht der Vorwurf gemacht werden, er benachteilige seinen Vertragspartner treuwidrig unangemessen. Dass dieses Argument gleichfalls auch für Verbraucherkredite gelten müsste, vom Bundesgerichtshof indessen nicht thematisiert wurde, ist hinzunehmen, rechtfertigt es aber nicht, das Unwirksamkeitsverdikt auf Allgemeine Geschäftsbedingungen im kaufmännischen Verkehr ohne Weiteres zu erstrecken. Es spricht vielmehr dagegen.

In diesem Sinne verweisen Casper/Möllers: Zulässigkeit von Bearbeitungsentgelten bei gewerblichen Darlehensverträgen in WM 2015 Heft 36, 1689, 1696 zurecht darauf, dass die Bearbeitungsentgelte in Verträgen mit Unternehmern seit Jahrzehnten gängige Geschäftspraxis sind. Die insoweit in Anspruch genommene Vertragsgestaltungsfreiheit sei im Handelsverkehr höher zu gewichten. Anhaltspunkte für eine gestörte Vertragsparität seien im Bereich gewerblicher Darlehen bisher nicht ernsthaft behauptet worden und auch nicht ersichtlich. Vielmehr sei darauf zu verweisen, dass die gewerblichen Darlehensnehmer ihren Kunden bei anderen Vertragstypen selbst Einmalkosten gesondert in Rechnung stellen (z.B. der Handwerker die Anfahrtskosten), Gewerbetreibende mit dieser Praxis also anders als Verbraucher durchaus vertraut sind. Unternehmer seien damit anders als Verbraucher in der Lage zu erkennen, dass mit dem Bearbeitungsentgelt ein einmaliger Aufwand im Vorfeld des Vertragsschlusses abgegolten wird. Dies gelte umso mehr, wenn im Vorfeld des Vertragsschlusses auch noch eine umfangreiche Beratung erfolgt sei, die bei gewerblichen Krediten häufiger als bei Verbraucherdarlehen in Anspruch genommen werden dürfe.

(2)
Auch die Zinsbegrenzungsvereinbarung ist wirksam.

Die Zinsbegrenzungsvereinbarung ist keine der AGB-rechtlichen Kontrolle unterliegende Preisnebenvereinbarung.

§ 307 Absatz 3 Satz 1 BGB beschränkt die Inhaltskontrolle auf solche Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Hierunter fallen weder Bestimmungen über den Preis der vertraglichen Hauptleistung noch Klauseln über das Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte zusätzlich angebotene Sonderleistung. Preisnebenabreden, die keine echte (Gegen-)Leistung zum Gegenstand haben, sondern mit denen der Klauselverwender allgemeine Betriebskosten, Aufwand für die Erfüllung gesetzlich oder nebenvertraglich begründeter eigener Pflichten oder für sonstige Tätigkeiten auf den Kunden abwälzt, die der Verwender im eigenen Interesse erbringt, sind hingegen der Inhaltskontrolle unterworfen.

Mit der Zinsbegrenzungsprämie sichert sich der Kunde gegen höhere Zinsen als die Obergrenze ab. Die Prämie stellt sich damit als Teil des Entgelts für die Überlassung des Darlehens dar und ist als integraler Bestandteil der Zinskalkulation anzusehen.

Letztlich bestehen aber auch unter AGB-rechtlichem Blickwinkel keine Bedenken an der Wirksamkeit der Vereinbarung. Auch hier gilt, dass das zur Bearbeitungsgebühr Ausgeführte. Die Kläger sind Unternehmer.

Das Urteil des LG Duisburg vom 01.12.2011 – 1 O 124/11 (BeckRS 2012, 05282, beck- online) ist für die streitgegenständliche Frage unergiebig. Es betrifft einen Verstoß einer Zinsbegrenzungsvereinbarung gegen das Verbraucherkreditgesetz.

(3)
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.